Europa wird von direkter Demokratie erschüttert. Wolfgang Müller-Funk zählt in seinem Kommentar im Standard die Ergebnisse der letzten Monate auf: Brexit, Ceta-Befragung, bosnisch-serbischer Feiertag und die ungarische Abstimmung für einen härteren Umgang mit Flüchtlingen.
Wieder einmal wird hier der wichtige Grundsatz verletzt, dass es weniger zählt was man tut, sondern warum man es tut. Als ob es die Ursache unserer Problemen wäre, dass wir EuropäerInnen uns ständig verwählen würden.
Besonders problematisch sind zwei Argumente:
Erstens die Gegenüberstellung von direkter Demokratie als polarisierend und anfällig für radikale und einfache Pseudolösungen auf der einen Seite. Dagegen steht auf der anderen Seite die repräsentative, vernünftige und reife Demokratie. Gewürzt mit einigen Beispielen aus der faschistischen Vergangenheit entsteht der Eindruck, dass Partizipation vor allem der direkte Weg in den Abgrund ist.
Ausgeblendet wird, dass es ebenso Beispiele für repräsentative Wahlen gibt, die, historisch geklärt, zu Katastrophen benutzt wurden. Und es war die politische Realität nach 1945 in Europa, die uns hierher gebracht hat. Nicht die Volksabstimmungen des Jahres 2016.
Wem Demokratie ein Amt gibt, dem gibt sie Verstand?
Zweitens: Eher als Nebenbemerkung die Beschwerde, dass nur „… rund 15.000 Personen darüber entscheiden, ob Österreich den Vertrag unterzeichnet oder nicht, …“
Na, immerhin waren es 15.000. Natürlich stimmen die Argumente, die in der CETA -Befragung ein leicht durchschaubares Manöver sehen. Aber siehe Grundsatz weiter oben. Würden wir noch in den 70ern leben hätte sich Kanzler Kern wohl vor die Kameras gestellt und gegrummelt:“ Mir bereiten die Österreichischen Arbeitsplätze mehr Sorgen als die paar Kommentare von meinen Staatschef-Kollegen“.
Viel nötiger als eine Debatte über das Werkzeug Partizipation wäre eine über die Frage, welcher politischer Weg uns EuropäerInnen wieder für ein konstruktives Projekt gewinnt.